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1 Woche - 4 Kletterrouten - 3 Zinnen

Thomas Färbinger | 21.10.2015 um 21:55 Uhr

"Eine Woche, Vier Kletterrouten, Drei Zinnen"

Dolomiten, dort wo die Absicherung noch klassisch und die  Schwierigkeitsbewertungen hart sind, in einem Amphitheater aus Stein, werden die Augen größer und die Ohren spitzen sich.

Eine Woche zuvor war ich bereits mit einer Wandergruppe vom Königssee zu den "Drei Zinnen" gewandert und dabei konnte ich mehrere Kletterer in den Nordwänden der Zinnen sehen. Voller Ehrfurcht sind wir weitergegangen, jedoch mit einem Hintergedanken, irgendwann auch dort selbst klettern zu dürfen. Dass dies schon fünf Tage später sein wird, wusste ich damals noch nicht. Die Tage dazwischen wurde mit Klettern im Wilden Kaiser überbrückt und am 08.07.15 sind Hias und ich am Nachmittag zum Parkplatz der Auronzohütte gefahren. Geplant waren "Drei Tage" "Drei Zinnen". Leider kam es dann anders.

Zeitig ging es am nächsten Morgen zur Südwand der "Kleinen Zinne". Als zweite Seilschaft stiegen wir in die "Gelbe Kante" ein. Eine weitere folgte noch. Links der Kante führte eine Verschneidung zum ersten Stand. Dort übernahm Hias den Vorstieg und durfte die erste schwere Seillänge der Tour klettern. Über mehrere Seillängen zieht die Route danach rechts der Kante, in leichtem Gelände, nach oben, bis sich zwei Möglichkeiten auftun, gerade, eine brüchige Verschneidung oder nach links luftig an die Kante und dort weiter nach oben. Hias querte elegant nach links an die Kante und ich durfte die zweite schwere Seillänge der Tour klettern. Die vielen Haken aus dem Topo fanden wir nicht und durften somit selbst zum Hammer greifen. Ein paar Seillängen weiter oben, kurz vor dem Ausstieg, trafen wir wieder auf die erste Seilschaft. Die richtige Linie war hier nicht zu erkennen und so entschieden wir uns alle für den optisch einfachsten Weg. Hias stieg diese letzte Seillänge vor, leider löste sich über uns ein recht großer Stein und traf ihn an der Hand. Am Ausstieg angekommen war ein weiterklettern nicht mehr möglich und so durfte Hias mit dem "Hubi" fliegen. Ein paar Stunden später trafen wir uns in Innichen wieder und fuhren Richtung Heimat.

Das Wetter war aber weiterhin gut und so ging ich am nächsten Tag Klettern im hintersten Zillertal. Das anfängliche Ziel war aber immer noch im Kopf und so fuhr ich am Sonntag wieder zu den "Drei Zinnen". Dabei war jetzt Alexander, ein Spezl aus dem Allgäu.

Als  erste Tour planten wir die "Scoiattoli Kante" an der "Westlichen Zinne". Der Einstieg ist gleich der Route "Cassin" und erst beim Abzweig des Quergangs der "Cassin" nach links zieht die "Scoiattoli" nach oben weg. Da uns aber das Topo in eine Felsritze gefallen ist und wir schon zu weit links waren, entschieden wir uns die "Cassin" weiter zu klettern. Die Route besticht durch zahlreiche Quergänge in starker Ausgesetztheit. Der längste, ein ca. 60m langer Quergang ist gut eingenagelt und die schweren Stellen können auch gut AO geklettert werden. Hier gibt es sogar Bohrhaken an den Ständen. Es findet sich erstaunlich fester Fels in der gesamten Route. Im Mittelteil muss ein kleiner, meist vorhandener, Wasserfall gequert werden. Danach wird die Kletterei leichter bis zum Ringband und in zwei weiteren Seillängen zum Gipfel. Kletterzeit ca. 5 h.

Der Abstieg ist gut mit Steinmännern markiert. Mehrmals muss abgeseilt werden.

Eine Zinne haben wir aber noch, die "Große", nur über welche Route sollen wir hoch. Die "Comici" schwebte mir vor aber die hat Alexander schon gemacht. Der Blick geht nach links zu den großen Dächern der "Hasse/Brandler". Da durch! Im Kletterführer steht 8+ oder 6+ A3.

Wie am Tag zuvor gingen wir wieder über den Patternsattel unter die Nordwände. In der "Comici" waren schon zwei Seilschaften und noch drei weitere standen am Einstieg. Wir waren zwei Seilschaften. Die ersten zwei Seillängen im 5. Grad geht es hoch zum Pfeilerkopf. Dort Stand an hohler Schuppe und losen Haken. Von hier zieht die Route stetig schwerer werdend nach links oben zu einem Absatz, direkt unter den Dächern. Bis hierher sind es mehrere Seillängen im 7. Grad. Ein Blick nach oben zeigt, dass die kommenden Standplätze weniger komfortabel werden würden und bis zum überhängenden Hängestand wird alles dabei sein. So gut es geht versuchte ich frei zu klettern, was ich aber mehr und mehr aufgebe. Manch alter Haken bog sich schon sehr. Wird schon halten! Nach vier sehr schweren Seillängen haben wir die Dächer hinter uns. Die Ausstiegsseillängen waren bei uns trocken und gut zu klettern. Sehr schön ist hier ein Spreizkamin mit Abschlussdach, welches sich gut auflöst. Über das Ringband und den Normalweg geht es zum Gipfel. Abstieg erfolgte über den gut markierten Normalweg.

Bis zum Ringband 9 h. Den Rucksack haben wir als Haulbag nachgezogen.

Wer jetzt mitgezählt hat der kommt schon auf drei Zinnen. Da war aber noch die "Scoiattoli Kante".

Somit ging es am nächsten Morgen mit neuem Topo wieder über bekannten Weg auf die  Nordseite und zur Nord/Westkante der "Westlichen Zinne". Alexander kannte dort einen Geheimtipp! Den Direkteinstieg der "Cassin", 6 Seillängen mit einem sehr interessanten Spreizkamin im oberen 6. Grad und ca. 50 m lang.  Hier ist der "ganze" Alpinist gefragt. Für die Absicherung ist hier, bis auf wenige Haken in bröseliger Qualität, selbst zu sorgen aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch. Es ist eben ein Stück Klettergeschichte! Nach zwei weiteren Seillängen zweigt die  "Scoiattoli" nach oben ab und als Alternative zur "Cassin" sollten sich die Schwierigkeiten auch in Grenzen halten. So stand es zumindest im Kletterführer. Nach einem  Überhang  im 8. Grad wurde das Gelände unübersichtlich, brüchig und die Absicherung spärlich. Alexander musste hier einen 12m Runout im 7. Grad durchziehen. Chapeau!! Sehr steil, mit viel Luft zwischen den Beinen ging es weiter. Nur mittels Schulterstand konnten wir einen folgenden Überhang überwinden. Nach noch mehreren psychisch anspruchsvollen Seillängen erreichten wir endlich das Ringband der "Westlichen Zinne".

Mir verlangte diese Tour einiges mehr ab als am Tag  zuvor die  "Hasse/Brandler" Die Ausgesetztheit war enorm und wird so schnell nicht getoppt werden. Bis zum Ringband 7,5 h.

Am Abend sind wir noch weiter zur Südwand der Tofana gefahren. Aber das  ist eine andere Geschichte.

 

Markus Schwesinger

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